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Multinationale Mandate: Wahlstation bei Fredricks & von der Horst in Los Angeles

Autorin: Nicole Guski, Ellwangen

Auslandserfahrungen

Wie jedem Referendar stellte sich auch mir die Frage, ob ich die Wahlstation für eine Auslandserfahrung nutzen soll. An wirtschaftlichen Vorgängen besonders interessiert, hatte ich bereits im Rahmen eines Forschungsaufenthaltes in Tokyo mit verschiedenen Unternehmen Gespräche geführt. Bei diesen Gesprächen stieß ich immer wieder auf den gutgemeinten Rat, meine Japanerfahrung noch durch eine Erfahrung in den Vereinigten Staaten zu ergänzen.

Die Bewerbung

Diese Worte im Gedächtnis bewarb ich mich bei der Anwaltskanzlei Fredricks & von der Horst in Los Angeles. Die Anschrift hatte ich über die German American Chamber of Commerce of the Western United States, Los Angeles erhalten. Es stellte sich bald heraus, daß eine Referendarstelle bei Fredricks & von der Horst und die Bewerbung auch mehr als ein Jahr vor Antritt der Wahlstation aussichtslos gewesen wäre, wenn sich die Kanzlei nicht kurzfristig zur Ausbildung eines weiteren Referendars entschlossen hätte. Bereits das Bewerbungsverfahren der Kanzlei ließ eine langjährige Erfahrung in der Referendarausbildung ahnen. Auf meine Bewerbung in der allgemein üblichen Form mit Anschreiben, Lebenslauf, Photo und einigen Anlagen hin erhielt ich einen drei Seiten langen, auf die besonderen Bedürfnisse des Anwaltsbüros zugeschnittenen Fragebogen. Dieser deutete bereits auf den medienrechtlichen Schwerpunkt der Anwaltstätigkeit hin.

Geschafft, als dreißigste Referendarin angenommen

Nach erfolgreichem Durchlaufen des Auswahlverfahrens trat ich dann im Sommer 1997 bereits als dreißigste Referendarin bzw. Praktikantin meine Ausbildung in der Kanzlei an. Der Empfang war sehr herzlich und gut organisiert. Selbst an einen Transfer vom Flughafen war gedacht worden. Eine Liste mit Unterkünften ermöglichte es mir innerhalb von drei Tagen eine adäquate Unterkunft in Büronähe zu finden. Bei einer Bürolage auf der Stadtgrenze zu Santa Monica, einer der begehrtesten Geschäfts- und Wohngegenden, unweit vom kalifornischen Strand, war dies natürlich traumhaft. Die Überreichung eines kanzleieigenen Informationspapiers vermittelte mir einen ersten Überblick über die Tätigkeit des Anwaltsbüros sowie über das bevorstehende Referendarprogramm.

Der Referendaralltag: Voller Einsatz

Bereits der erste Tag begann mit vorbereitendem Aktenstudium und der Teilnahme an Mandantengesprächen. Wie Dennis F. Fredricks, der gewissermaßen das Herz der Kanzlei in Los Angeles bildet, überhaupt stets darum bemüht war, uns an allen interessanten Geschehnissen innerhalb und außerhalb des Büros teilhaben zu lassen. Hierzu gehörte, daß wir ihn nach Möglichkeit zu allen Geschäftsessen, Empfängen und sonstigen Festivitäten begleiten durften. Bestand meine Rolle in der Kanzlei anfangs noch in der eines aufmerksamen Beobachters, durfte ich schon bald Verantwortung für eigene Akten übernehmen und Korrespondenz, Telefonate sowie Mandantengespräche eigenständig führen, natürlich immer alles unter dem prüfenden Auge des ausbildenden Anwalts. Erfolgte der Einsatz zunächst noch vorwiegend in deutscher Sprache (der Mandat stammt aus dem deutschsprachigen Raum), nahmen später die in englisch zu bewältigenden Aufgaben zu.

Multinationale Mandate

Entsprechend der internationalen Ausrichtung der Kanzlei stammte ein Großteil der Mandate aus dem Ausland. Lediglich bei 38 % der Mandantschaft handelte es sich um amerikanische Staatsbürger oder Unternehmen. Schwerpunktmäßig kamen die ausländischen Mandate aus dem deutschsprachigen Raum (46 %) und aus Osteuropa (12 %). Weitere 2 % rekrutierten sich dagegen aus dem übrigen Ausland. Ausdruck dieser internationalen Ausrichtung ist nicht zuletzt auch, daß die Kanzlei (abgesehen von ihrem deutschen Partner Dr. Rutger von der Horst in Münster in Westfalen) noch mit Korrespondenzanwälten in Hamburg, Budapest und Rom eng zusammenarbeitet. Zudem ist Dennis F. Fredricks Vertrauensanwalt verschiedener Konsulate. Zu einem besonderen Service der Kanzlei gehörte es dann auch, daß sie in der Lage ist, neben der Rechtsberatung in englischer Sprache diese noch in sechs weiteren Sprachen (Französisch, Deutsch, Ungarisch, Polnisch, Russisch und Spanisch) anbieten zu können.

International business affairs

So abwechslungsreich wie sich mir die Struktur der Mandantschaft darstellte, so abwechslungsreich erwies sich dann schließlich auch die anwaltliche Tätigkeit. Dabei deckte es sich in wundervollster Weise mit meinen Interessen, daß ein Tätigkeitsschwerpunkt der Kanzlei im Bereich des internationalen Handels- und Gesellschaftsrechts liegt. Insbesondere leisten Fredricks & von der Horst Hilfestellung beim An- und Verkauf von Investitionsobjekten wie zum Beispiel dem von Grundstücken, bei der Unternehmensgründung (insbesondere durch Errichtung von Gesellschaften und joint ventures) sowie bei allen damit verbundenen und auch sonstigen handelsrechtlichen Verträgen. Mit den Erlebnissen im Anwaltsalltag dieser Kanzlei wuchs bei mir insbesondere das Bewußtsein, wie wichtig es für eine internationale Anwaltstätigkeit ist, beide Seiten, d.h. in den meisten unserer Fälle die amerikanische und die deutsche Seite, zu kennen.

Vorteil 1: Kenntnis der unterschiedlichen Mentalitäten

Die Gründung einer deutschen GmbH durch einen amerikanischen Investor zeigte dies besonders anschaulich: Mißverständnisse hatten bereits zu einer umfangreichen, aber bislang erfolglosen Korrespondenz zwischen dem amerikanischen Unternehmen und einem deutschen Amtsgericht geführt, bevor schließlich die Kanzlei Fredricks & von der Horst eingeschaltet wurde. Das Wissen um beide Seiten half, in kürzester Zeit die bestehenden Probleme auszuräumen und die GmbH-Gründung erfolgreich zum Abschluß zu bringen.

In "umgekehrter Richtung" durfte ich bei der Gründung kalifornischer Gesellschaften durch europäische Investoren vom ersten bis zum letzten Schritt aktiv mitwirken. So verfaßte ich neben By-laws und Minutes auch die erforderlichen Anträge an die zuständigen Stellen. Aber auch mit so interessanten und jungen Rechtsmaterien wie zum Beispiel dem Schutz bei der Internet Domain Name-Vergabe, dessen Bedeutung für ein international tätiges Unternehmen stetig zunimmt, bekam ich es zu tun.

Zu den weiteren Aufgaben gehörten u.a. die Einziehung von Geschäftsschulden, die Geltendmachung von Eigentumsverletzungen sowie allgemein die Lösung internationaler Verfahrensprobleme. Zu einem Höhepunkt meiner Ausbildung gehörte daher auch die Abfassung einer Klageschrift. Da es sich aber bei den Anwälten der Kanzlei um sog. "transaction lawyers" handelt (d.h. daß sie überwiegend beratend und vermittelnd tätig werden), treten die Anwälte naturgemäß selten vor Gericht auf. Für komplizierte Verfahren greifen sie zudem auf besondere Verfahrensspezialisten zurück, mit denen seit mehreren Jahren eine enge Zusammenarbeit besteht.

Vorteil 2: Erfahrungen in mehreren Rechtssystemen

Überraschend waren für mich die systembedingten Schwierigkeiten bei der gerichtlichen Durchsetzung von Ansprüchen, selbst bei eindeutiger Rechtslage. War eine außergerichtliche Lösung nicht zu erreichen, konnte sich daher eine gute anwaltliche Tätigkeit oft nur noch darin auszeichnen, den Mandanten rechtzeitig auf die besondere Zeit- und Kostenintensivität des amerikanischen Gerichtsverfahrens hinzuweisen und ihn gegebenenfalls sogar durch Abraten von einer Klage gegen weitere finanzielle Verluste zu schützen.

Von der deutschen Gerichtsbarkeit verwöhnt, stoßen diese Hürden einer gerichtlichen Durchsetzung bei deutschen Mandanten häufig auf Unverständnis. Hier war das besondere Einfühlungsvermögen eines Anwalts mit Erfahrungen in beiden Rechtssystemen gefragt.

Media law Attorney

Einen besonderen Namen haben sich Fredricks & von der Horst aber vor allem durch ihre Tätigkeit im Bereich des Medienrechts geschaffen. So deckt die Kanzlei in Los Angeles angefangen von der Gründung einer Produktionsgesellschaft und der Finanzierung einer Produktion über den Erwerb von Rechten an Drehbüchern und den Verträgen mit Regisseuren sowie Schauspielern bis hin zum Vertrieb alle Bereiche ab. Durch ihre langjährige Tätigkeit auf dem amerikanischen und europäischen Markt ist die Kanzlei insbesondere Ansprechpartner für die Durchführung von Co-Produktionen und für eine weltweiten Vermarktung. Neben Produzenten gehören zu den Klienten Drehbuchautoren, Schriftsteller, Schauspieler, Photographen und Musiker.

Obwohl dieser Bereich für mich das Betreten von Neuland bedeutete, fand ich sehr schnell Interesse an dieser Rechtsmaterie. Schon bald landeten Drehbücher, Videos und Antragsformulare für die Gründung von Produktionsgesellschaften auf meinem Schreibtisch. Eine besondere Herausforderung stellte der Entwurf eines Anstellungsvertrag für einen Drehbuchautoren dar. Es war sehr spannend mitzuerleben, wie die zunächst noch wage Idee für einen Film langsam Konturen gewann, bis schließlich der Startschuß für den Drehbeginn gegeben werden konnte.

Da waren die normalen Bürozeiten (für Referendare Mo - Fr. 9.00 - 17.00 Uhr) schnell vergessen. Besonders erstaunlich war es für mich, wie unterschiedlich die Mechanismen auf den einzelnen Märkten ablaufen. Ein in den Staaten gut zu vermarktender Film ist noch lange kein Erfolgsgarant für den europäischen Markt. Da mußte man die Besonderheiten der einzelnen Märkte schon sehr genau kennen, um eine gewinnbringende Vermarktung sicherstellen zu können. Wie jemanden wie Dennis F. Fredricks kein Problem.

Fazit

Zurückblickend auf meine Zeit bei Fredricks & von der Horst kann ich mich dem Fazit meiner Vorgänger nur anschließen: Die Wahlstation bei einem amerikanischen Anwalt kann interessanter nicht sein und die Station bei Fredricks & von der Horst ist für jeden am Medienrecht besonders Interessierten ein unbedingtes Muß.

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